INDIVIDUATION

INDIVIDUATION

Das vordergründige Leben ist physisch, also sinnlich erfahrbar und körperlich erlebbar. Das hintergründige Leben ist geistiger Natur. Menschen sind von Gedanken, Gefühlen, Emotionen, von geistigen Regungen durchdrungen. Ohne hintergründigen Geist existiert kein bewusst erfahrbares Leben.

Bewusstsein öffnet und begrenzt den jeweiligen Raum der Welt. Das Denken eines Individuums ist in seinem relativen Bewusstsein limitiert, woraus die relative Weite seiner Perspektive hervorgeht. Gesellschaften sind als die Summe des Bewusstseins ihrer Mitglieder zu verstehen. Das kollektive Bewusstsein ist der Träger individuellen Bewusstseins, und es setzt sich aus der Summe des Bewusstseins seiner Mitglieder zusammen. Kollektives und Individuelles Bewusstsein entwickeln sich in Wechselwirkung und verursachen den Aufstieg des Menschen und der Welt.

Die maßgebliche Determinante eines Menschen ist nicht sein kultureller Hintergrund, seine Erziehung, Erfahrungen oder Bildung. Sondern, wie er Kultur, Erziehung, Erfahrungen und Bildung mittels seines Bewusstseins zu übersetzen in der Lage ist. Das Leben ist als der Prozess sich erweiternden Bewusstseins zu verstehen. Die Evolution ist zwischenzeitlich mehr zu einem geistigen Prozess geworden, der sich primär durch die Entfaltung des Bewusstseins im Menschen vollzieht. Er ist weit über die Mutation körperlicher Eigenschaften und Fähigkeiten hinausgetreten. Flora und Fauna sind weitgehend vegetativ und instinktiv begrenzt. Erst in der menschlichen Spezies beginnen sich höhere mentale Kapazitäten auszubilden. Sie entwickeln sich in einer stufenartigen Abfolge. Und erst der Mensch ist fähig, sich über seine mentale Kapazität hinaus zu entwickeln.

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ndividuation bedeutet die „Evolution“ des Bewusstseins. Diesen Prozess  beginnt ein Mensch unbewusst, fast einem animalischen Zustand nahe. Noch immer viele Menschen sind identifiziert in körperlichen Dingen, folgen Impulsen, ihrem Instinkt, einem Dogma oder Aberglauben und sind der rationalen Schlussfolgerung kaum fähig. Um in der Folge ihrer Entwicklung zunehmend einen rationalen, mentalen Geist herauszubilden und ihr Leben vermehrt der Logik zu unterstellen. Schließlich wird ein Mensch Kraft intellektueller Stärke fähig, die Frage nach dem hintergründigen Sinn des Lebens und der Wahrheit seiner selbst zu stellen. Mittels Introspektion kann er sich seiner Seele/Selbst bewusst werden und über die Rationalität hinaus intuitiv und inspiriert, aus seiner originären Einzigartigkeit heraus, individuelles Leben zur Erfüllung bringen.

Sein Aufstieg erstreckt sich stets über alle vier Säulen des Lebens hinweg, die sich im Idealfall im Gleichschritt in immer höhere Zustände entwickeln:

Die vier Seiten des Lebens: ICH/WIR INNEN/AUßEN

Menschen sind „Ich“ und „Wir“ – sie besitzen eine „Ich“- Perspektive und sind zugleich Produkt einer (gemeinschaftlichen) Kultur und Wertegemeinschaft. Und sie sind „Innen“ und „Außen“, sind geistige, von Gedanken gespeiste Wesen, die in einer geistigen Welt aus Haltungen, Dogmen, Erkenntis und Weltsicht existieren; und körperliche, die einen physischen Körper besitzen und in einer physischen Umwelt leben. Zwischen den vier Seiten entwickelt sich das Leben. Jeder Mensch ist nicht weniger als alle vier Seiten zugleich. Seine eigene Entwicklung bedeutet Entwicklung über alle vier Seiten hinweg.

Individuation | der Prozess der Evolution aus der Sicht des aufsteigenden Bewusstseins, ist ein sprunghafter Prozess, der nur zwischen den Sprüngen linear anmutet. Er bedeutet Bewegung.

Es ist eine grundsätzliche Eigenschaft des Lebens, dass es über sich hinauswachsen möchte. Die Evolution ist eine Einbahnstrasse, die immer noch höhere Gleichgewichtszustände anstrebt. Im Prozess der Individuation decken Individuen immer höhere Zustände ihres Bewusstseins, und folglich auch höhere Kapazitäten und komplexere Methoden auf, um das Leben zu bereichern und sich immer neu und erweitert selbst zu erfahren. In der Transzendenz ihres Wesens wandelt sich das Abbild der Welt, das sie zunehmend detailgenauer, variantenreicher und umfassender zu erfassen in der Lage sind. Im Zuge der Entwicklung tritt der Schöpfer aus dem Reich der Schöpfung hervor.

Prinzipiell erfolgt die Entwicklung sprunghaft. Nur vorübergehend bildet die Evolution Plateaus mit dem Ziel heraus, sich zu stabilisieren. Lebenszyklen vergehen, um höherartigen Zyklen Platz zu machen.

Gegenwärtig erleben wir eine kurze Zeitphase in der Evolutionsgeschichte, die den Sprung in ein grundsätzlich neues und erweitertes Zeitalter bedeutet.

Dabei verändert sich vor allem der Mensch – und mit ihm alles, was er als Lebensraum erkennen kann. In seinem eigenen Aufstieg entschlüsselt der Mensch eine neuartige Welt. Aus der Perspektive der Individuation entspricht das dem natürlichen Verlauf der Dinge.

Wer hätte sich vor wenigen Jahrhunderten schon vorstellen können, welche Bedingungen für das menschliche Leben zwischenzeitlich vorherrschen. Längst ist eine unvorstellbare Utopie zur Realität geworden. Obwohl die Entwicklung weitgehend noch am Anfang steht: Die heutige Realität bietet nur einen Vorgeschmack auf jene unfassbare Utopie, die im Begriff ist, aus der Zukunft hervorzutreten.

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och ist der Anteil transrational bewusster Menschen an der Weltbevölkerung gering. Nicht viele Menschen können sich, jenseits von Intellekt und Ratonalität, kompetentere Ebenen der Intelligenz vorstellen. Die Verwechslung von Intuition und Aberglaube liegt auch noch dem rationalem Verstandesdenken nahe. Dass der mentale menschliche Geist weder Ursrpung noch Ziel der Existenz ist, ist aus einer mental gefassten Perspektive kaum ersichtlich. Die Öffnung in transrationale geistige Weite entwickelt sich jedoch immer mehr zum Charakteristikum der Zeit. Introspektion und Besinnung, Inspiration und Flow. Der Mensch erschließt sich höhere Mittel und Methoden, um sein Leben zu bereichern und der Quelle der Intelligenz näherzukommen.

Entwicklung findet stets auf allen vier Seiten statt. Sie sind sich Spiegel und gegenseitiger Anstoß, wirken interdependent zusammen. Nachhaltiger Fortschritt muss umfassend, d.h. über alle Seiten hinweg stattfinden, möchte er sich auf einem höheren Niveau etablieren und nicht auf ein gleiches oder gar früheres, bereits überwunden geglaubtes Stadium zurückfallen. Dabei sollte sich der Mensch der Struktur der Entwicklung bewusst werden. Er benötigt ein differenzierteres Bild über die Welt, um ihrer zunehmenden Komplexität angemessen begegnen zu können.

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euartige Menschen beleben eine bereicherte Welt, begründen neuartig funktionierende Gemeinschaften aus einem revolutionären Zeitgeist und erschaffen neue Ordnungen und Systeme für ihr Zusammenleben. Transzendenz geschieht zyklisch und mündet in einen jeweils höheren Geist.

Die maßgebliche Schwelle der Gegenwart ist, einen GLOBAL MIND herauszubilden. Wenngleich Entwicklung / Transzendenz auf allen Ebenen gleichzeitig stattfindet. Die Entwicklung ist geschichtet und verlangt nach einer differenzierten Betrachtung, die den jeweiligen Ebenen Rechnung trägt. Ein integrales Verstehen der Welt ist die notwendige Voraussetzung für einen modernen, die globale Zukunft tragenden Zeitgeist.

Schema: Der Prozess der Individuation
Die Reformation des Welt-Raums, Robert Welscher, Hardcover

DIE REFORMATION DES WELT•RAUMS

Individuation als der Prozess von den unbewussten Vielen zum bewussten Einen. Die Entfaltung des Menschen aus einem anfänglich weitgehend unbewussten Zustand, in einen Zustand grenzenlosen Bewusstseins. Aus einem unidentischen Geist, der aus unsortierten Allgemeinplätzen des Kollektivs gespeist ist, hin zu einem originären einzigartigen Geist, dem wahren Selbst.
Mehr zum Prozess der Individuation:

DIE REFORMATION DES WELT•RAUMS

Der Prozess der Individuation, mit speziellem Bezug auf die besonderen Bedingungen der irdischen Gegenwart, sind in RATIO GLOBALIS beschrieben:

RATIO GLOBALIS