HEIMWEH NACH MORGEN

ZEIT FÜR SELBSTVERANTWORTUNG

Die Menschheit durchlebt eine phantastische Epoche. So schnell die Entwicklung ist, so groß sind die Chancen, die sich dem Einzelnen bieten.

Es ist die Zeit, um neue Fragen zu stellen und Antworten dort zu suchen, wo eigentlich nichts existieren sollte.

Heimweh nach Morgen, Robert Welscher, Taschenbuch

HEIMWEH NACH MORGEN

ZEIT FÜR SELBSTVERANTWORTUNG
Taschenbuch, ISBN 978-3-941445-14-7
2022, 344 Seiten

HEIMWEH NACH MORGEN ist:

… ein Plädoyer, den eigenen Weg selbstbestimmt und bewusst zu gehen
… eine Dokumentation aus einer neuen Welt, die unter uns zuhause ist
… die Ermutigung zum Glauben und eine Warnung vor Leichtgläubigkeit
… Erzählung und Kontemplation
… eine Antwort auf das Leben, das sich uns fraglos gegenüberstellt
… ein Ansatz, der dem Einzelnen ein erfültes Leben verspricht
… die Aufforderung zu Offenheit und Reflexion, Mut und Entschlossenheit
… die Hoffnung auf das individuelle Wachstum in allen Menschen!

Zwischen „Realität“ und „Spiritualität“

Das Leben verlangt nach uns selbst. Individualität und Selbstverantwortung sind ein notwendiger Erfolg unserer Entwicklung. Der Drang, uns selbst zu entdecken und unsere individuelle Wahrheit zu erfahren, ist ein bestimmender Baustein unserer Natur, ohne den das Leben sinnlos wäre.

Sp
irituelles Interesse und Selbsterfahrung sind modern. Nach einer kurzen Epoche strenger Rationalität, die unsere Leistungsgesellschaft erst möglich machte, Hochtechnologie und eine neue Kultur des Zusammenlebens erfindet und die Umwelt ins Desaster lenkt, beginnen wir neu über Ethik und Moral nachzudenken.

W
ir entwickeln ein Bewusstein dafür, dass wir mit unserem Handeln für uns und die Welt gleichermaßen verantwortlich sind. Und langsam reift uns die Erkenntnis, dass wir nur dann auch ökonomisch effizient leben können, wenn wir mit Freude und Engagement unser eigenes Leben ausfüllen.

I
ndividualität und Gemeinwohl widersprechen sich nicht, ganz im Gegenteil. Die selbstverantwortliche Individualität ermöglicht uns erst ein erfülltes Leben in der Gemeinschaft!

H
ierfür ist jedoch die Weiterentwicklung unseres Geistes unumgänglich. Wir sollen nicht nur unsere Psyche klären und gebildete und intelligente Menschen sein. Darüber hinaus werden wir in unsere Intuition wachsen und inspirierte Wesen werden, die ihr Verständnis über die Wahrheit grundlegend erweitern.

R
ationalität und Spiritualität bilden eine Einheit, aus der heraus wir uns erst wahrhaft lebendig werden lassen.

WAS IST ARBEIT?

(Leseprobe)

Die Deutschen werden alt. Politiker aller Gruppierungen predigen mahnend gegen die Überalterung. Der Chefvolkswirt einer bedeutenden deutschen Finanzinstitution verweist auf das Lohnniveau außer Landes und die globalen Wettbewerbsbedingungen. Arbeitskraft müsse billiger werden. Er schlägt vor, bei gleicher Entlohnung die Wochenarbeitszeit zu erhöhen und das Renteneintrittsalter anzuheben. Mindestens bis zum siebzigsten Lebensjahr sollte man in Brot und Arbeit stehen. Vierzehnjährige Jugendliche sollten in Form unentgeltlicher Praktikumstätigkeit automatisch in den Arbeitsalltag eingebunden sein, um das Rüstzeug für den späteren Lebensalltag zu erwerben. Eine Streichung des Tages der Deutschen Einheit sei politisch leichter durchsetzbar, als eine Verlängerung der Wochenarbeitszeiten. Wichtig sei, dass es schnell geht.

I
n meiner Einschätzung, als Unbeteiligter, basiert der Erfolg vieler Unternehmensberatungen darauf, kurzfristig Kosten zu kürzen. Die Ware Mensch fällt per Outsourcing aus den bisherigen Kreisläufen heraus, indem man sie vom Menschen zum Produktionsfaktor reduziert. Heute florieren Zeitarbeitsfirmen, die Fachkräfte billig anstellen und sie kostengünstig weiterverleihen. Man ersetzt kurzerhand die Organisationsform und brüstet sich bald mit einem Unternehmensgewinn, den man zumindest teilweise dem eigenen Humankapital entreißt. Die Moral des Marktes verlangt die Unterordnung des Produktionsfaktors Mensch.

E
in deutscher Großkonzern baut Arbeitskräfte ab. Während der Pressekonferenz verkündet der allseits geschätzte und wohl honorierte Vorstandsvorsitzende in einem Atemzug ein Rekordergebnis und versetzt sich stolz auf die Bezüge des Aufsichtsratsvorsitzes. Wenig später ermittelt der Staatsanwalt. Die Vorstandsabteilung eines Automobilkonzerns honoriert sich Jahresbezüge in Höhe etwa eines Viertels des Konzernverlustes und begründet dies mit eigenem Risiko. Später wird das marode Vorzeigeunternehmen verkauft.

J
e größer die Krisen werden, desto deutlicher offenbaren sich Gier und Rücksichtslosigkeit. Ungezügelte ereicherung und beglaubigter Hochmut sind zur Regel des kapitalistischen Arbeitslebens geworden. Ein Kind kommt auf die Welt und wächst in einer gutbürgerlichen Familie auf. Selbstverständlich gedeiht dem Spross eine gute Erziehung und Ausbildung an. Er lernt schon ab dem Kindergarten die erste Fremdsprache, kann Klavier spielen und weiß die Etikette zu wahren. Systematisch und akkurat führt man ihn in die Gesellschaft ein. Nach Schule und Studium erklimmt er in Rekordzeit die Führungsetagen der Mächtigen. Mit 35 Jahren hat er längst einen Wohlstand aufgetürmt, den er selbst wohl nicht mehr abtragen kann. Er führt Menschen und ist sich seiner Vorbildrolle bewusst. Vielleicht war er niemals im Wald spielen, wurde beschimpft, als er mit dreckigen Knien vom Spielplatz nach Hause kam. Vielleicht haben ihn seine vornehmen Eltern von einer geduldeten ukrainischen Haushaltshilfe erziehen lassen, die turnusgemäß alle zwei Jahre wechselte. Vielleicht hat er gelernt, dass allein etwas darzustellen von Bedeutung ist. Vielleicht grämt es seine Mutter insgeheim, dass er keinen Adelstitel trägt, und fügt deshalb den Anfangsbuchstaben seines zweiten Vornamens in seine Visitenkarte ein.

V
ielleicht hat er deshalb Flitterwochen in St. Moritz verbracht, in der Villa der Schwiegereltern. Vielleicht hat er nie die Zeit gefunden, sich einmal selbst zu fragen. Sich selbst zu fragen, was er wirklich gerne möchte. Ob er die Zeit findet, all das zu schätzen, was er besitzt. Ob es wirklich seines ist, das auszuleben, was ihm andere in die Wiege legten. Vielleicht wird er nie auf die Idee kommen, sich zu fragen, ob er das, was er tut, gerne tut. Denn immer und überall erntete er Beachtung und Bewunderung. Man beneidete ihn um seinen äußeren Glanz.

W
arum sollte man sich in Frage stellen, wenn man doch von allen Seiten gelobt und bewundert, geschätzt und hofiert wird?

I
ch arbeite, um zu leben. Ich lebe, um zu arbeiten. Was ist Arbeit? Ist es nicht auch das Leben? Wofür lohnt es sich zu arbeiten? Wofür lohnt es sich zu leben? Wird das Leben dann zur Arbeit, wenn man seinen Willen dafür kastrieren muss? Wird man dafür bezahlt, den eigenen Willen zu verleugnen? Kennst du deinen eigenen Willen überhaupt? Wie tief ist er? Wie frei? Genügt in der Arbeit etwas Lob, dass du weiterarbeitest? Oder vielleicht sogar ein irrationaler, unmoralischer Zwang? Hat deshalb der Straßenbau im 3. Reich funktioniert? Befreit Arbeit wirklich? Wen?

G
enügt schon die lapidare Androhung, du würdest deinen ungeliebten Arbeitsplatz verlieren, dass du motiviert spielst und den Rest deiner Selbst vor dem Werkstor ablegst? Genügt es, wenn jemand droht, dass alle gehen müssten, damit diejenigen, die bleiben dürfen, zufrieden sind, und sich jene, die gehen mussten, als Opfer für die anderen sehen dürfen? Kann es wirklich sein, dass das Mitspielen legitimiert? Bist du der Spielball, weil du Spielball sein willst?

I
m Lateinischen bedeutet das Wort „laborare“ arbeiten und leiden. So stand es zumindest in meinem Lateinbuch. Es ist so skurril, dass es mir als eines der wenigen Worte meines Latinums geblieben ist. Schon als Heranwachsender empfand ich seine synonymen Bedeutungen außergewöhnlich beschämend, und bis heute ist es nicht durch einen Rost der Belanglosigkeit aus meinem Gedächtnis entschwunden.

WAS IST BESCHLEUNIGUNG?

(Leseprobe)

W
enn ich regelmäßig unregelmäßig morgens ins Stehcafe gehe, um bei der Tageszeitung den Tag zu eröffnen, erfahre ich stets seltsam anmutende Dinge. Das Weltgeschehen folgt sich ständig wiederholenden Mechanismen, deren Zyklen sich verjüngen. Gleiche Ereignisse kehren wieder, doch sie verändern ihr Gesicht und erscheinen immer schneller und direkter. Schon vor einigen Jahren sprach man von Beschleunigungsprogression. Beschleunigung beschleunigt.

S
klaven, die als Ruderer auf Galeeren verbracht wurden, hatten einen Taktgeber. Diesem mussten sie sich wahllos beugen. Zeitungen und Nachrichtensendungen erinnern mich, in ihrer unregelmäßigen Regelmäßigkeit, an die Sklaven an den Rudern, die ungefragt willenlos funktionieren müssen. Sie glauben ein Schiff zu steuern, doch folgen sie lediglich einem fremden Takt, dem sie auf Gedeih und Verderb ausgesetzt sind. Vielleicht wissen sie weder, woher der Takt erschallt, noch welchen Regeln er folgt, doch sie dienen ihm und arbeiten ihm energisch zu. Der Sklave unter Deck sah sich unter seinesgleichen eingesperrt, seine Welt war die schweißgeschwängerte Feuchte unter knarzenden Planken. Nur durch einen kleinen Spalt konnte er hinaus in die Welt sehen. Er war ein beherrschter Diener fremder Ideen und Ideale, Mittel für einen fremden Zweck. Die gesamte Galeere diente. Heute dient man der Beschleunigung. Die Beschleunigung als ein globalisierter und allmächtiger Mechanismus, der sich in die Medienlandschaften eingepflanzt hat, um ihre multiplizierende Wirkung zu benutzen.

D
urften wir in sanftem Kindesalter Beschleunigung erfahren, waren wir schier unersättlich fasziniert und voller Erwartung. Nicht selten zog es uns buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Stets hatten wir jemanden, der uns hilfreich zur Seite stand. Unbeschwert und fraglos stürzten wir uns in das Abenteuer. Kindern fällt es oft leicht, sich auf das Neue einzulassen und sich darin zu entdecken. Um einen festen Boden unter den Füßen sorgen sie sich nicht. Wenn die Beschleunigung ihren magischen Reiz entfacht, schießt man nur zu leicht – wie ein überschwänglich euphorisches Kind – über das Ziel hinaus. Leicht verliert man dann das Gleichgewicht.

H
eute beziehen wir uns auf die Meinung von gebildeten und offensichtlich erwachsenen Individuen. Ob der Boden, auf dem sie ihre Meinung stützen, dünn oder dick ist, wissen wir nicht, doch reflektieren und begründen wir unser Denken an dem, was sie uns präsentieren.

W
ir glauben aufgeklärt und gebildet zu sein, halten uns für kultiviert und entwickelt, doch die Beschleunigung zieht uns den Boden unter unseren Füßen weg. Irgend etwas stimmt offensichtlich nicht. Wir sind im Fundament erschüttert.

W
ie stabil ist dein eigener Boden?


Was Menschen glauben und als real erachten, ist stets nur ein vorüberziehender Schein.

Heimweh nach Morgen, Taschenbuch, Robert Welscher

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